Wir werden sie vermissen, diese tolle Frau, die so unendlich viel mit anderen durch die Nazis und in Auschwitz erlitten hat und doch nie besiegt wurde. Wir werden die Gespräche mit ihr vermissen, ihren Witz, ihre Schalkhaftigkeit, die Ironie, mit der sie uns selbst oft bedachte und die in ihrer Person fest verankerte Humanität.
Ihr Verstand hat bis zuletzt funktioniert. Sie war nicht angstlos, sie hat sich große Sorgen gemacht um die Zukunft, dabei jedoch immer auf die Jugend vertraut. Sie war mutig, auch weil sie wusste, dass ihre Sache richtig ist: keinen Fußbreit einem Nazi, einem Faschisten, einem Rassisten, einem Ausländerfeind, einem Ausbeuter – egal, ob diese Leute offen auftreten oder, wie so oft, ihre reaktionären Positionen demokratisch ummanteln. Für Nationen hat sie sich nicht interessiert. Die hat sie eher als Problem gesehen. Für sie waren alle Menschen gleich und sollten gleich glücklich und zufrieden leben können. Das war ihr Bild der Welt, entstanden aus ihrer eigenen Lebenserfahrung.
Esthers Tod hinterlässt eine Leerstelle. Die Welt verliert unaufhaltsam nach und nach die überlebenden Opfer von Auschwitz und damit das mit ihnen unabweisbar verbundene, sie direkt anblickende Wissen über die in ihr enthaltene Vernichtungsbereitschaft. Niemand kann diese Menschen ersetzen. Es ist ein weiter Weg in eine Welt, deren Grundlage gegenseitiges Erkennen und Solidarität ist. Esther hat auf diesem Weg nie Halt gemacht
Wir lieben dich, Esther.
Gabriella Angheleddu, Karl-Heinz Dellwo, Galerie der abseitigen Künste.