ASAM
Mit einem Vorwort von Sandra Lehmann und einem Nachwort von Johannes Taubert
168 Seiten
Erscheinungsdatum: März 2020
»EIN HIMMEL. EINE SONNE. EINE WELT. – Ein Wind. Noch ein Wind. Eine Stille. – Ein Gebirge. Ein Flußbett. Zwei Steine. – Unter den Steinen liegt ein toter Mann. Die zwei Steine sind nichts Besonderes. Da sind Millionen ähnlicher Steine am Rand dieses Flußbettes, durch das schon lange kein Wasser mehr läuft. Und noch mehr Steine überall im Hohen Atlas, diesem Gebirge im Inneren Marokkos, wo Berber als Nomaden auf Steinen leben und oft den ausgetrockneten Flußbetten folgen und als Nomaden auf Steinen sterben. Und dann unter zwei großen Steinen liegen, die sich vorsichtig in der scharfrandigen Sonne dehnen. Die zwei Steine berühren sich an einer Stelle. Sie haben lange Zeit Abstand gehalten, bis sie weggenommen worden sind und wieder zurückgelegt, doch nun mit einer Grube darunter und sich berührend; und gedehnt von der scharfrandigen Sonne raspeln sie einander täglich ein bißchen ab, Steinstaub, den der Wind durch ihre Schatten wirbelt, und irgendwann wird wieder ein Abstand sein und der Wind dann ohne Staub und täglich ein Sonnenpfeil durch die Schatten.«
aus Auf Steinen
Über den Autor
Markus Asam, Jahrgang 1963, Nachfahre einer Jahrhunderte alten bayerischen Künstlerdynastie, begann in den Achtzigerjahren als Autor zu arbeiten. Mit unverwechselbar eigener Sprache und literarischem Anspruch entstanden herausragende Texte, die u.a. in FAZ, stern, GEO, DIE ZEIT, Playboy, cosmopolitan, El País und La Repubblica veröffentlicht wurden. In diesem Band sind zum ersten Mal seine besten und stärksten Geschichten zusammengeführt. Markus Asam ist im Januar 2016 viel zu früh gestorben. Er wollte immer Spuren hinterlassen. Das ist ihm gelungen.
Über dieses Buch
«Dieses Buch ist ein Abenteuerbuch. Abenteuer ist Verwandlung. Während das Abenteuer geschieht, füllt sich die Welt an mit Bedeutung. Die Dinge, die Menschen, »ich selbst« werden herausgesetzt: aus sich selbst, aus dem Gefüge, in dem sie sich befunden haben, und diese Verschiebung verändert sie und macht sie zugleich prägnanter.
[…] In seinen Texten schafft Markus Asam die Verwandlung, die Momente zugleich öffnet und verzaubert-bedeutsam restituiert. Seine Heimat ist freiherzig. Sie nimmt alle auf, die sich dem hingebungsvollen Blick nicht versagen. Tatsächlich muß der Leser, die Leserin nur die Augen öffnen und ist schon drin in der verwandelten Welt, in der das Außergewöhnliche und das sehr Simple, afrikanischer Dschungel und norddeutsches Tiefland, heilige Blutrituale in Süditalien und profane germanische Bierrituale, der fast ertrinkende Wildwasser-Kajakfahrer und das verständnislos zuschauende Rentnerpaar so eng beisammen sind und sich doch nichts an Geltung nehmen. Jedes auf eigene Weise ist hier erzählenswert.»
Aus dem Vorwort von Sandra Lehmann
«Der Reichtum und die Kraft seiner Sprache, ihre Musikalität, ihre Präzision. Begnadet. Wortschöpfend, Bilder im Kopf zeichnend, die Einblicke ermöglichten, die er erst eröffnete.
[…] Journalistische Themen und Aufträge hat er in der ihm eigenen Sprache literarisch bearbeitet, die er für genauer und überlegen hielt und dramaturgisch sowieso interessanter. Journalismus im engeren Sinne, obwohl so ausgebildet, hat ihn nicht interessiert, aber auch keine fiktiven Kurzgeschichten. Und so kam er der Wirklichkeit oft näher als es Journalismus vermag. Dazu auch immer mit dem Anspruch, daß ein Thema, das er bearbeitet hatte, nicht mehr neu bearbeitet werden müßte. […] Entweder man folgte ihm und seinen Texten, oder eben nicht. Kompromißlos. Das war im Alltagsgeschäft natürlich kaum durchsetzbar, aber als künstlerisches Credo völlig in Ordnung. Und als Künstler hat er sich immer verstanden.«
Aus dem Nachwort von Johannes Taubert