Vol. 1: PASOLINI BACHMANN | Gespräche 1963-1975 || Vol. 2: BACHMANN PASOLINI | KOMMENTAR | FABIEN VITALI
© Galerie der abseitigen Künste
WERKAUSGABE ZUM 100. GEBURTSTAG VON PIER PAOLO PASOLINI
Übersetzt, eingeleitet, kommentiert und erweitert von Fabien Vitali
Die Gespräche des jüdischen Kosmopoliten und Filmjournalisten Gideon Bachmann (1927-2016) mit Pier Paolo Pasolini in den Jahren 1963-1975 werden hier zum ersten Mal vollständig in deutscher Übersetzung vorgelegt.
Vol. 1
PASOLINI
BACHMANN
GESPRÄCHE
1963-1975
Mit Fotos, 264 Seiten
Vol. 2
BACHMANN
PASOLINI
KOMMENTAR
FABIEN VITALI
584 Seiten
Ausgabe: Hardcover, gebunden
Erscheint: 20. April 2022
Er »hasse Interviews«, behauptete Pasolini. Umso erstaunlicher ist, wie viele er davon dem deutsch-jüdischen Filmjournalisten Gideon Bachmann (1927-2016) in den Jahren von 1963 bis 1975 dennoch einräumte. Vielleicht weil es sich nicht um klassische Interviews handelte? In der Tat sind die von Bachmann auf Ton aufgezeichneten und hier zum ersten Mal einheitlich in Textform veröffentlichten Begegnungen mit Pasolini einzigartig: Es sind Gespräche, ohne zwingenden Anlass und offenen Ausgangs. Das künstlerische und politische Werden Pasolinis, von seinen ersten Filmen (Accattone, Das 1. Evangelium Matthäus) bis zu den »Freibeuterjahren«, seine Haltung zu den tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen in Italien und Europa, sind hier nicht Gegenstand eines geordneten Diskurses. Die Bachmann-Gespräche nähern sich Pasolini über Umwege: in Form unbefangener Unterhaltungen, die umso reizvoller sind, als sie Eindrücke vermitteln vom Menschen Pasolini: von seinen Überzeugungen, seinen Unsicherheiten, seinen Widersprüchen, seiner Suche.
© GadaK
Über die Autoren
Gideon Bachmann
Gideon Bachmann wurde 1927 in Heilbronn als Sohn jüdischer Eltern geboren. Seine Jugend- und Schulzeit verbrachte er in Israel, bevor er nach Ende des Krieges nach Europa zurückkehrte und später in die Vereinigten Staaten reiste. Dort machte er sich einen Namen als Herausgeber von Zeitschriften und als Moderator von Radiosendungen über die lokale wie internationale Filmkultur. 1961 ließ er sich in Rom nieder. Dort knüpfte er Beziehungen zu herausragenden Figuren des italienischen Kinos, darunter vor allem zu Federico Fellini und Pier Paolo Pasolini, mit dem er bis zu dessen Tod (1975) regelmäßig in Kontakt stand. Bachmann drehte außerdem selbst mehrere Dokumentarfilme, so zum Beispiel über Fellini, den er in »Ciao, Federico!« (1970) während der Dreharbeiten von »Satyricon« begleitete und porträtierte. 1968 wurde Bachmann für seinen Film »Protest wofür?« bei den Filmfestspielen in Venedig mit dem silbernen Löwen prämiert. In den letzten Jahren seines Lebens war Bachmann als Mitarbeiter am Karlsruher Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) tätig. Dort verfolgte er bis zu seinem Tod (2016) sein Projekt »Vox humana« – die Archivierung der Stimmen unzähliger Persönlichkeiten aus der Welt des Films.
Fabien Vitali
Fabien Vitali, geboren in der Schweiz, studierte Romanistik an den Universitäten Basel, Genf und Pisa. Als Schüler des renommierten italienischen Literaturtheoretikers Francesco Orlando (1934-2010) promovierte er an der Scuola Normale Superiore di Pisa mit einer Arbeit zum essayistischen Nachlass von Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Danach war er Dozent für italienische und französische Literaturwissenschaft an der LMU München, an der Universität Hamburg und, seit 2016, an der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel. Derzeit lebt er in Venedig, wo er an seiner Habilitation zur Paradoxie in der Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts arbeitet. Er ist Autor verschiedener Studien, insbesondere zu Pier Paolo Pasolini (»Macchine infernali – da far inceppare«, 2015; »Vom Verschwinden der Glühwürmchen«, 2015). Für den Hamburger Laika-Verlag hat er außerdem verschiedene Bücher aus dem Italienischen ins Deutsche übersetzt, darunter: Giorgio Galli »Pasolini – Der dissidente Kommunist« (2014) und Stefano Brugnolo »Marx und der abnorme Charme der Bourgeoisie« (2017). Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift für italienische Literatur und Kultur »lettere aperte«, für die er 2018 eine Nummer zum filmjournalistischen Werk Gideon Bachmanns veröffentlicht hat.
ZKM-Veranstaltung, Di, 12.04.2022, 18:00: The Art of Speaking with Pasolini
The Art of Speaking with Pasolini
Hannah Pilarczyk und Fabien Vitali über Gideon Bachmanns Gespräche mit Pier Paolo Pasolini
Gideon Bachmann, dessen Stimmenarchiv sich seit 2014 am ZKM befindet, führte von 1963 bis 1975 zahlreiche Gespräche mit dem Schriftsteller und Filmemacher Pier Paolo Pasolini. In den unkonventionell geführten Interviews offenbaren sie Pasolinis kritische Gedanken zur poetischen Eigenart des Kinos, zum Umgang mit der Vergangenheit und zur Bedrohung durch einen technokratischen Neokapitalismus. Bachmann sah in Pasolini einen Seismographen der Gesellschaft.
Di, 12.04.2022, 18:00 Uhr
© Cinemazero Archiv, Pordenone; © Foto: Deborah Imogen Beer
Pressestimmen
Gott behüte mich, einen einfachen Film zu machen!
Die Gespräche zwischen dem Filmkritiker Gideon Bachmann und Pier Paolo Pasolini sind in einer aufwändigen deutschen Ausgabe erschienen
Ein Beitrag von Lars Henrik Gass
Das Unternehmen, die Gespräche zwischen Gideon Bachmann und Pier Paolo Pasolini zu veröffentlichen, ist von Machtverhältnissen und Nachfrage so wenig beeindruckt, wie es der Künstler war, dem es gewidmet ist. Die beiden Bände des Verlags, der auf den schönen Namen Galerie der abseitigen Künste hört, bringen rund 850 Seiten beziehungsweise 1,8 Kilogramm zusammen; der Kommentarband von Fabien Vitali ist mehr als doppelt so schwer wie der Band mit den Gesprächen. Das ist eine Setzung von Gewicht. Und eine Sensation auf einem Markt, auf dem Filmbücher entweder in Kleinstauflagen von Akademikern und Museen aus Gründen der Selbstdarstellung bestellt und bezahlt werden oder ein vergangenes, trügerisches Glück vom Kino vorgaukeln, das einmal ein Publikum hatte. Dieses Buch folgt nur der Sache selbst. Ein Buch, das Ansprüche hat und stellt. Ein Buch also von freien Menschen für freie Menschen. [... mehr lesen]
SPIEGEL kultur, 21.12.2022: »Filmbüchertipps: Schlucken und gucken«:
Zu Ehren des 100. Geburtstags von Pier Paolo Pasolini gab es in diesem Jahr eine kaum überschaubare Zahl an Filmreihen, Sonderscreenings und Diskussionsrunden. Passend dazu konnten sich die schönsten Publikationen zu PPP auch nicht begrenzen und kommen auf jeweils zwei Bände. Von den Herausgebern Fabien Vitali und Gabriella Angheleddu stammt das Bündel »Pasolini Bachmann«. Der erste Band versammelt zum ersten Mal auf Deutsch die 15 Interviews, die der deutsch-jüdische Journalist und Regisseur Gideon Bachmann mit Pasolini im Verlauf von dessen Karriere geführt hat. Im zweiten Band kommentiert und annotiert der Romanist Vitali die Gespräche so umfang- und kenntnisreich, dass der Teil fast wie eine eigenständige Werkschau sowohl von Pasolini als auch von Bachmann funktioniert. [... mehr lesen]